zum Kapitelanfang 1. Grundsätzliches Zunächst eine Anmerkung: Die in diesem Beitrag wiedergegebenen technischen Daten und Verfahren werden nach bestem Wissen weitergegeben. Sollte wider Erwarten ein Fehler enthalten sein, so können Webmaster und Autor nicht dafür haften. Die letzte in weiten Teilen der Beta-Szene bekannte Kaufberatung stammt aus dem Jahre 1989 und wurde vom Gründungsvater der Lancia Beta/Gamma-IG Alfred Greif erstellt. Mittlerweile scheint die Zeit reif für eine maßvolle Überarbeitung unter Berücksichtigung der heutigen Fahrzeug- und Ersatzteilsituation. Die Kaufberatung richtet sich primär an den "überlegten" Beta-Käufer, der weniger aus einem Impuls, wenn er vor einem solchen Fahrzeug steht, dieses kauft, sondern an denjenigen, der nach reiflicher Überlegung und ohne Eile Besitzer und Fahrer eines solchen Fahrzeuges werden möchte. Wer gelegentlich in den Kleinanzeigen der diversen Oldtimerzeitschriften gestöbert hat, wird erkennen, dass das Angebot an Betafahrzeugen - gleich welcher Version - extrem gering geworden ist. Die kürzlich eingeholte Statistik des Kraftfahrzeugbundesamtes - die auf dieser Seite einsehbar ist - spricht erschütternde Bände. Das einstmals große und weitgefächerte Angebot ist bis zur Bedeutungslosigkeit gesunken. Dies führt aber auch dazu, dass die Preise sich nicht nur stabilisiert haben, sondern einen deutlichen Aufwärtstrend verzeichnen. Naturgemäß sind Coupé und Spider die gefragtesten Varianten, deren ehemaligen Besitzer ihnen zudem noch am ehesten eine pflegliche Behandlung haben zuteil werden lassen. Entsprechend hoch ist auch deren Verfügbarkeit. Beide Varianten eignen sich aufgrund ihrer Größe und Eigenarten nur bedingt für den Alltagsgebrauch. Schon kleinere Familien sollten einen anderes - geräumigeres - Alltagsfahrzeug einkalkulieren. Die meisten werden aber einen Lancia Beta ohnehin nicht mehr als Alltagsfahrzeug nutzen wollen, sondern vielmehr den Wagen als Hobby, Freizeitbeschäftigung, oder Erfüllung eines Jugendtraumes sehen. Dann spricht natürlich nichts gegen eine solche Fahrzeugvariante. Es gibt allerdings auch unbeirrbare Enthusiasten, die den waghalsigen Versuch unternehmen, einen Lancia Beta im Alltag zu fahren. Ermüdet vom automobilen Einerlei streben sie einer gewissen Extravaganz nach - würden heute am ehesten einen Lifestyle-Kombi fahren wollen, der ihnen ermöglicht Familie und Gepäck einigermaßen kommod und doch erfrischend anders zu transportieren. Prego - ihnen kann geholfen werden. Auf wundersame Weise entsprechen sie genau der damaligen Zielgruppe, für die der HPE entworfen wurde. Der HPE folgt den schnittigen Linien des Coupés, basiert allerdings auf der deutlich längeren Bodengruppe der Limousine. Eine großzügige Beinfreiheit im Fond ist die Folge. Die praktische Heckklappe ermöglicht einen großen und überdies variablen Kofferraum, der auch sperrige Gegenstände bis hin zum Weihnachtsbaum klaglos schluckt. Einen völlig eigen Charme strömen Berlina und der darauf basierende Trevi aus.
Hätte Goethe die Beta Berlina, oder den Trevi gekannt, sein Zitat: das sich durch kein Inkognito verbergen lässt. wäre den Fahrzeugen auf den Leib geschrieben gewesen. Tatsächlich hat die deutsche Lancia Marketingabteilung dieses Zitat 1975 bei der Beschreibung der Berlina genutzt. Berlina und Trevi sind skurril, sie polarisieren. Ein solcher Fahrer strebte weder damals, noch heute nach Aufmerksamkeit - auch wenn sie ihm heute durch die extreme Seltenheit absolut sicher ist. Wer einen solchen Wagen einmal gefahren ist, genießt still den verhaltenen Luxus, in der unerschütterlichen Gewissheit für eigentlich alle Eventualitäten gewappnet zu sein. Die Fahrzeuge haben Leistung, ohne protzig zu sein, Luxus-Accessoires, die heute zwar vielfach Standard sind, aber man sollte hier doch bitte die Epoche berücksichtigen! Die Geräumigkeit beider Varianten ist selbstredend. Es bleibt der Montecarlo innerhalb der Betareihe und - soweit es die Interessengemeinschaft angeht - der Gamma mit seinen beiden Varianten. Ich denke, es gibt berufenere Mitglieder, die diese Fahrzeuge beschreiben und empfehlen könnten. Der Autor scheut sich, nur gelesene Secondhand-Informationen weiterzugeben, daher sollen diese Fahrzeuge hier außen vor bleiben. Allen potentiellen Betafahrern sei geraten, sich vielleicht einmal ein Prospekt des angestrebten Fahrzeuges zuzulegen. Die diversen Internetauktionen à la E-Bay bieten hierzu eine günstige Möglichkeit. Auf diese Weise kann man sich einen Überblick über das Fahrzeug schaffen, man hat einmal den Innenraum gesehen, weiß vielleicht schon um Details, deren Fehlen vor dem Kauf abgeklärt werden können. Generell sollte man davon ausgehen, dass Inneneinrichtungsteile schwer bis gar nicht mehr zu beschaffen sind.
Da die komplizierte Unterscheidung der Serien bei Coupé und HPE nicht übermäßig bekannt ist, soll aus Praktikabilitätsgründen bei der zweiten Serie Facelift 2 (ab Ende 1981) von der dritten Serie gesprochen werden. Also: Serie Eins bis Anfang 1976, Serie Zwei bis Anfang 1981, Serie Drei 1981-84.
Nun stehst Du also vor einem Lancia Beta. Beginnen wir vorne links. Die Reflektoren der Scheinwerfer werden im Laufe der Jahre oft mit Rost unterwandert und die Reflektionsschicht löst sich dadurch. Dies ist dann meist schon von außen zu erkennen. Jeder der vier Scheinwerfer ist auch einzeln erhältlich.
Bei Fahrzeugen vor Baujahr 1981, d.h. alle Betas die nicht der 3. Serie angehören, bedarf der vordere Kotflügelbereich besonderer Aufmerksamkeit. Lancia hatte zwar auch schon vorher kleine Schutzbleche ins Radhaus gebaut, nur waren die aus Blech und so schnell verrostet, dass die Vorbesitzer sie gerne entfernt haben - wenn sie sich nicht gar selbst entfernt haben. Dann konnte sich Dreck und Feuchtigkeit an allen erreichbaren Punkten breit machen und das zerstörerische Werk beginnen.
Die Kotflügel aller Versionen leiden zudem überproportional häufig unten an der A- Säule unter Rost. Sie sind mit 2 Blechschrauben von unten in die A-Säule geschraubt. Dort sind sie zum einen dem Spritzwasser ausgesetzt, zum anderen läuft das Wasser der Dachregenrinnen und evt. des Schiebedaches genau zu dieser Stelle.
Die vordere Quertraverse jedoch bedarf ohnehin eines genaueren Blickes. Nicht nur Korrosion, sondern auch allgemeine Materialermüdung führt dort gelegentlich zu Spannungsrissen. Vorne an ihr ist nämlich der Hilfsrahmen, der die gesamte Antriebseinheit von Motor und Getriebe trägt, befestigt.
Die hinteren Befestigungspunkte des Hilfsrahmens sind ohne Bühne nicht einsehbar. Sie befinden sich unterhalb des Lenkgetriebes an einer besonderes verstärkten Partie des Unterbodens. Die Verstärkungen sind erst Fahrzeugen der 2. Serie aufwärts zuteil geworden, bzw. nachträglich im Rahmen einer Rückrufaktion bei Fahrzeugen der 1.Serie angebracht worden. Lancia hatte schlimmen Gerüchten Rechnung getragen, nach denen bei Fahrzeugen der 1. Serie diese Befestigungspunkte komplett ausgerissen waren. Heute noch existierende Fahrzeuge dürften aber in der Regel dort solide sein.
Die Motorhaube ist ein automobiler Standard-Prüfungspunkt - rieselt es beim Öffnen - sollten die Kanten und Falze genauer betrachtet werden. Sind auf der Außenkante vorne bereits Rostbläschen zu sehen, droht selbiger durchzubrechen. Schäden halten sich aber meist im Rahmen, müssen aber zügig behandelt werden. Über Lancia sind keine Motorhauben mehr erhältlich - wie im übrigen auch kaum sonstige Blechteile - und auch bei den auf Betateile spezialisierten Händlern ist Suchen angesagt. Adressen werden am Ende dieser Kaufberatung genannt.
Nun sollte man sich dem Scheibenrahmen und dem Windleitblech widmen. Wiederum ist eine Zäsur um 1981 zu ziehen. Fahrzeuge der dritten Serie haben meistens gummigefasste Scheiben. Dies sieht zwar nicht so schön aus, hielt aber den Rost in Grenzen. Die älteren Fahrzeuge der ersten und zweiten Serie haben geklebte Frontscheiben mit einem Chromrahmen. Der alte Kleber hat das Wasser zum Teil leider besser gehalten als das Kühlsystem, die Folge ist zuweilen, dass der Scheibenrahmen rundum unterrostet ist. Das Auswechseln der Scheibe ist aufwändig. Leider geht die Scheibe häufig dabei zu Bruch. Derzeit hat lediglich ein Händler diese (Front-)Scheiben im Programm und auch nur für Coupé, Spider und HPE.
Eine undichte Frontscheibe führt aber auch unweigerlich zu nassen Fußräumen.
Wenn man die schwarze Plastik-Teppichleiste entfernt hat - ihre Schrauben verbergen sich unter der mittleren weichen PVC-Leiste - kann man den Teppich anheben und in den Fußraum greifen. Hier kommt entweder Schimmel oder Nässe zum Vorschein.
Kommen wir zu den Türen. Sie sind wie bei allen älteren Autos vor allen Dingen unten an den - meist verstopften - Abflusslöchern im Türboden rostgefährdet. Hinzukommt betatypisch die oberste Blechkante an der Außenhaut (auch gerade die dritte Serie ist hier gefährdet). Am Dreiecksfenster von Coupé, Spider und HPE verläuft innen ein kleiner Schacht in dem das gummigefasste Dreiecksfenster sitzt und sich Feuchtigkeit hält. Zudem sind die Türen recht schwer. Senken sie sich merklich beim Öffnen, sollte man schon genauer hinsehen. Eine wirklich marode Tür muss ausgewechselt werden und das ist teuer und bedarf wieder der üblichen Suche. Es sei zu erwähnen, dass die Türen von Coupé, Spider und HPE zwar sehr ähnlich aussehen, aber nicht identisch sind. Alle haben unterschiedliche Scheibenrahmen (und Scheiben). Lediglich der Unterbau ist identisch. Es ist jedoch möglich, den Scheibenrahmen, sagen wir einer HPE - Tür, herauszulösen und dann den eines Spiders einzuschweißen. Man muss sich halt zu helfen wissen!
Alle Schlösser, inklusive Tankschloss, sollten auf Funktionsfähigkeit überprüft werden. Das ist zwar kein betatypischer Schwachpunkt, die Schlösser werden aber oft bei einer Besichtigung übersehen. Deshalb hier der Hinweis. Ein Beta hat zwei Schlüssel pro Satz: Der eine ist für das Zündschloss, der andere ist für die restlichen Schlösser (also Türen, Handschuhfach, Kofferraum bzw. Heckklappe und Tankdeckel).
Ist die Tür einmal geöffnet, sollte der Blick auf den Außenschweller wandern. Häufig ist der Übergang von der B-Säule in den Schweller durchgerostet. Die Schweller sind stets an drei Stellen überproportional häufig faul. Der Außenschweller beginnt hinter dem Kotflügelunterteil, dass die A-Säule verdeckt. Er ist ungefähr so lang, wie die Türe. An sein Ende gehört eine Sicke, die die Verschweißung mit dem hinteren Seitenteil anzeigt. Fehlt die Sicke, wurde schon geschweißt oder großzügig gespachtelt. Der Schweller ist vorne rostgefährdet. Man sollte sich herunterbeugen und am Unterboden zudem die Hebebühnentatze untersuchen. Hier sind häufig Durchrostungen zu finden. Meist ist die Tatze auch hineingedrückt und die Bühne drückt dann ungebührlich auf den recht weichen Schweller. Da die Schweißnähte generell keinerlei Rostschutz genossen, sondern vielmehr blankes Blech verschweißt wurde, führen hier Spannungsrisse zu größeren Spalten, die füllen sich mit Feuchtigkeit und dann gibt es wieder Rost. Der potentielle Käufer - meist hat er sich jetzt auf den Boden gesetzt - sollte nun sein prüfendes Auge, auf die Mitte des Schwellers lenken. Dort lugt regulär bei Coupé und HPE die Bordwagenheberaufnahme hervor. Wie praktisch alle Autos, ist auch der Beta hier rostanfällig. Die dritte neuralgische Stelle habe ich bereits erwähnt, es handelt sich um den Übergang von der B-Säule zum Schweller. Generell kann geraten werden, dass die Schweller genauestens zu untersuchen sind. Sie stellen einen echten Schwachpunkt des Betas dar. Dennoch ist der Schweller von der Form kein Kunstwerk, also vergleichsweise leicht zu schweißen oder nachzufertigen. Auch die Wagenheberaufnahmen und Hebebühnenaufnahmen sind Standard-Probleme und verhältnismäßig einfach zu kurieren.
Zur Zeit sind m.E. keine Reparaturschweller erhältlich. Nach einer Reparatur sollte pingelig darauf geachtet werden, dass große Ablauföffnungen vorhanden sind, oder geschaffen werden. Ist der Schweller dann auch noch ordentlich hohlraumkonserviert worden, sollte dort dauerhaft Ruhe herrschen.
Der Kaufinteressent gelangt nun zu den hinteren Radläufen. Zeigen die bereits außen Rostblasen, muss der gesamte Radlauf saniert werden und Radläufe sind z.Zt. mal wieder nicht erhältlich. Wenn sich auf der Außenseite Rost zeigt, steht es meist auch um den Innenkotflügel nicht all zu gut. In den Vorsprung zwischen Innenkotflügel und Stoßdämpferaufnahme wurde werksseitig Dichtungsmasse aufgetragen. Was gut gemeint war entpuppte sich als Rost-Förderer: Die Masse wird im Lauf der Jahre spröde und hält die Feuchtigkeit.
Überhaupt handelt es sich bei den hinteren Federbeindomen und ich meine hier den gesamten Bereich, d.h. Radlauf, äußerer Innenkotflügel, innerer Innenkotflügel, Federbeindom ansich und umliegende Blechpartien, um echte Schwachpunkte der gesamten Betabaureihe.
Über die Ursachen kann heute viel spekuliert werden, sie reichen von mieser Blechqualität, beispielloser Schlamperei beim Zusammenbau und anschließender Rostvorsorge, bis hin zu einer schlichten Fehlkonstruktion.
Fakt ist jedenfalls, daß Außen- und Innenkotflügel an ihrer punktverschweißten Naht gerne durchfaulen. Zudem ist das Federbein größenteils zweilagig, wobei die zwei Lagen auch noch äußerst eng beieinander liegen und Wasser kapillar im Zwischenraum gehalten wird. Und das alles bei blankem Blech. Das Ausmaß ist im "ungeschweißten Originalzustand" meist entsetzlich, wie das gezeigte Bild vor Augen führt. Bei dieser Gelegenheit kann auch das Heckblech auf seine Stabilität geprüft werden. Kritisch ist hier die Verbindung zwischen oberen und unteren Heckblech (Coupé, Spider, Trevi) und der querliegenden Verstärkungs-Traverse. Berlina und HPE sind hier wegen der tief herabreichenden Heckklappe etwas anders aufgebaut, sinngemäß gilt jedoch das selbe. Alle Arten von Heckklappen sollten auf nicht allzu rostige Kanten geprüft werden.
Du ahnst es, Ersatz ist teuer und rar.
Beim HPE gilt es auch die obere Kante des Daches auf Durchrostungen zu untersuchen.
Da die Heckklappe sehr schwer ist, sind die Gasdruckhaubenhalter meist verschlissen und die Klappe hält nicht in der höchsten Position. Liegt im Fahrzeug ein Besenstiel kannst Du unbesorgt zwei neue einplanen. Sparsame Zeitgenossen seien gewarnt - man muss die Gänge zur Apotheke, um Schmerzmittel gegen Beulen und Schrammen zu besorgen, gegenrechnen!
Es gibt aber vergleichsweise günstig Ersatz über den Erstausrüster Stabilus, aber achte auf die richtige Kennung (830 Newton pro Seite!). Die aktuelle Teile-Nummer der Dämpfer bei Stabilus ist 399 671. Die ursprüngliche Teile-Nummer wird nicht mehr geführt.
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